Eschweiler. Deftige Worte und gutes Essen gab es in diesem Jahr erneut beim Politischen Aschermittwoch der SPD in der Städteregion Aachen – dieses Mal von einem alten Bekannten: Martin Schulz, ehemaliger Bundesvorsitzender der SPD und Präsident des Europäischen Parlaments, hielt vor rund 170 Gästen ein leidenschaftliches Plädoyer für Europa und unsere demokratische Grundordnung.

Eva-Maria Voigt-Küppers, stellvertretende Vorsitzende des SPD-Unterbezirks in der Städteregion Aachen, und Ugur Uzungelis, Vorsitzender des SPD-Stadtverbands Eschweiler, durften beim diesjährigen Politischen Aschermittwoch einen Hauptredner begrüßen, der keine Vorstellung braucht. Für den leidenschaftlichen Europäer Martin Schulz war die Veranstaltung am Eschweiler Blausteinsee vielmehr ein Heimspiel – schließlich war der Würselener selbst jahrelang Vorsitzender des SPD-Unterbezirks.

Von Beginn seiner Rede an nimmt Schulz kein Blatt vor den Mund und spricht über die schwierige Situation seiner SPD in einer Zeit voller globalen Herausforderungen. Doch Schulz sieht deswegen keinen Grund, die Köpfe in den Sand zu stecken, und ist sicher, dass die SPD mehr denn je gebraucht werde. Denn die Merz-CDU werde ihrer Verantwortung nicht gerecht. „Unser Schicksal ist, dass die SPD immer dann an die Regierung kommt, wenn sie die Trümmer einer konservativen Regierung beseitigen muss“, so Schulz. Außerdem warb Schulz für eine stärkere politische Auseinandersetzung mit der AfD, bei der blanker Rassismus zutage trete. „Die AfD ist keine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für unser Land. Sie will Menschen mit Migrationsgeschichte millionenfach abschieben. Doch Leute wie etwa Ugur Uzungelis gehören fest zu Deutschland“, stellte Schulz unter tosendem Applaus klar.

Werbung für Reform der EU

Bei der anstehenden Europawahl gehe es um nicht weniger als um unsere Demokratie. Denn die werde durch Hassreden und Fake News Kampagnen der Extremen Rechten im Netz bedroht. „Ich will die Europäische Union verbessern und sie braucht eine umfassende Reform. Doch wir haben die EU nicht aufgebaut, um sie von innen heraus von den Rechten zerstören zu lassen“, mahnt Schulz.

Die EU leide unter dem Problem der Intransparenz, denn selbst die Wohlwollenden wüssten nicht immer genau wie sie funktioniere. „Wenn man am Wahlkampfstand erklären will, wie die EU funktioniert, dann geht man unter“, kritisiert Schulz. Die EU habe längst eine Art Eigenstaatlichkeit aufgebaut, werde aber teilweise geführt wie im 18. Jahrhundert. Deshalb brauche es eine umfassende Reform der Kompetenzen. „Es gibt Herausforderungen, die man nicht mehr lokal oder national lösen kann. Die EU muss deshalb da Kompetenzen abgeben, wo besser lokal gehandelt werden kann. Sie braucht aber mehr Kompetenzen bei den großen Fragen, die wir nur gemeinschaftlich lösen können“, wirbt Schulz für ein stärkeres und demokratischeres Europa.

„All das steht auf dem Spiel!“

Die Gefahr für die Europäische Union benennt Schulz klar und deutlich und spannt den Bogen von rechten Parteien etwa in den USA, Italien, Ungarn, Frankreich oder auch Deutschland zum eigentlichen Gründungsgedanken der EU als Friedensprojekt. Schließlich sei die EU als Antwort auf die zerstörerischen Kriege des 20. Jahrhunderts gegründet worden. Staaten, die tief verfeindet gewesen waren, hätten sich dem Frieden in Europa verpflichtet und seien über die Jahrzehnte längst zu Freunden geworden. „All das, was wir an der Europäischen Union schätzen, steht auf dem Spiel. All das will die AfD abschaffen. Doch wenn die EU zerstört wird, dann scheitert mehr als ein Staatenverbund. Dann scheitert eine Idee“, ruft Schulz seinem Publikum ins Gewissen. „Ich will nicht, dass unsere Kinder in einer Welt des Hasses und der Intoleranz aufwachsen. Deshalb lohnt es sich zu kämpfen“, so Schulz weiter.

Die SPD müsse sich daher auf die Werte Respekt, Toleranz und Würde besinnen und die Worte von Willy Brandt verinnerlichen, die den Kern sozialdemokratischer Europapolitik darstellen: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein – nach innen wie nach außen.“

Nach langanhaltendem Applaus für den ehemaligen Würselener Bürgermeister dankte der Roetgener Bürgermeister und stellvertretende Unterbezirksvorsitzende Jorma Klauss dem ehemaligen EU-Parlamentarier Martin Schulz für seine markanten und inspirierenden Worte zur Zukunft der Europäischen Union. Nach deftigen Worten wurde nun auch deftiges Essen serviert.