Die Sorge geht um bei vielen älteren Besitzern kleiner Eigenheime. Sie fürchten ruiniert zu werden, wenn ihre Straße saniert wird. Die Kommune muss von Anliegern Beiträge einfordern, die inzwischen beträchtlich sein können. Die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus hat die Ängste aufgegriffen. Vorsitzender Jürgen Neesen: „Das Thema brennt unter den Nägeln. Es sorgt für viel Unmut.“
Sachverständig erläuterte Stefan Kämmerling, SPD-Landtagsabgeordneter aus Eschweiler, den etwa 30 anwesenden Bürgern im Seniorenalter den gegenwärtigen gesetzlichen Ist-Zustand, verglich die in den Bundesländern unterschiedlichen Regelungen und berichtete von der Initiative seiner Fraktion auf Abschaffung der Straßenbaubeiträge nach Paragraf 8 des nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetzes (KAG).
Stefan Kämmerling, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, berichtete: „NRW ist nicht das einzige Land, das sich mit der Thematik beschäftigt. Einige Länder haben die Anliegerbeiträge bereits abgeschafft.“
Zur Zeit gelte in NRW noch die Ausgangslage, nach der die Kommune bei bestimmter Klassifizierung der Straße die Anlieger an den Baukosten zu beteiligen habe, da die Straßenverbesserung zu einer Wertsteigerung für das Haus führe, so die bisherige Ausgangslage. Hierbei seien Grundstücksgröße, die Nutzung und die Straßenklasse zu berücksichtigen.
Nachdem sie sich eingehend die im Land geübte Praxis angesehen habe, brachte die SPD-Landtagsfraktion im vergangen Jahr einen Gesetzesentwurf in die Beratung ein, die zum Ziel habe, die Beitragspflicht abzuschaffen. Diese sei aufgrund der großen Belastung, die „kleinen“ Hauseigentümern drohe, nicht mehr zu verantworten. Diese hätten sich vielfach „ihr Leben lang durch harte Arbeit das Häuschen vom Mund abgespart“, müssten nun mit der Sorge leben, wie sie von der kleinen Rente Beträge von teilweise mehr als 20.000 Euro aufbringen sollen, um ihrer Stadt oder Gemeinde den Anteil zum Straßenbau zu bezahlen. Die Sozialdemokraten sehen das Land in der Pflicht, für die Kommunen den finanziellen Ausgleich zu schaffen, was rechnerisch machbar wäre.
Stefan Kämmerling: „Ziel unseres Engagements ist eine Entlastung der Hausbesitzer, die sich von harter Arbeit ein Häuschen absparen und die wir vor der sozialen Schieflage bewahren wollen.“ In der Gleichbehandlung würden dann allerdings auch kommerzielle Unternehmen befreit, aber „Versicherungskonzerne kommen nicht so häufig in Anliegerstraßen vor“.
Im Ländervergleich sei festzuhalten, dass Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Thüringen die Anliegerbeiträge aus eben diesen Gründen bereits abgeschafft hätten. In Rheinland-Pfalz gebe es die Regelung der wiederkehrenden Beiträge, ein kompliziertes Umlagesystem. In Hessen sollen die Stadt- und Gemeinderäte selber entscheiden, ob sie Anliegerbeiträge erheben.
Die „Weitergabe des schwarzen Peters“ an die Kommunalpolitik wurde in der Versammlung entschieden abgelehnt. Das sei ungerecht und führe zu einem „Flickenteppich“ im Land. Landespolitiker Kämmerling: Kommunen im Stärkungspakt oder mit Haushaltssicherungskonzept würden dann durch die Aufsicht gezwungen, Beiträge zu erheben. Die Delegierung auf den Gemeinderat sei bei einer Angelegenheit „dieser Sprengkraft“ unverantwortlich. Dabei sei die Übernahme des Anteils durch das Land, den die Anlieger bislang leisten, für die Landeskasse leistbar. In den letzten Jahren seien dies 112 bis 127 Millionen Euro (0,164 Prozent vom Gesamthaushalt) gewesen. „Die meisten Menschen wohnen nicht in einer Villa und können die sie bedrohenden Kosten wirklich nicht bezahlen.“
Mit „unserem Gesetzesentwurf haben wir Druck aufgebaut“. Die Regierungsparteien CDU und FDP seien „inhaltlich blank“, die Landesregierung „sprachlos“. Die vom Bund der Steuerzahler initiierte Volksinitiative auf Abschaffung der Anliegerbeiträge ist schon von 300 000 Wahlberechtigten unterzeichnet. 66 000 reichen nach dem Gesetz aus, um den Landtag zu zwingen, das Thema zu behandeln.
Wie geht es weiter mit der Problematik im Landesparlament? Angestrebt sei, im April die Sachverständigenanhörung durchzuführen. Vermutlich könne dann im Sommer zu der SPD-Gesetzesvorlage entschieden werden.