In der Rede anlässlich der Beschlussfassung zum Haushalt der StädteRegion Aachen für das Jahr 2018 begründete Martin Peters die Ablehnung seiner Fraktion und zeigte notwendige politische Schwerpunkte auf, die leider keinen Eingang in den Etat gefunden haben.
Wortlaut der Rede von Martin Peters am 14. Dezember 2017:
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen Städteregionstagsmitglieder,
heute wird der Haushalt für das Jahr 2018 verabschiedet.
Es hätte ein Haushalt werden können, der von einer breiten Mehrheit dieses Hauses getragen wird. Es hätte, denn die SPD kann diesem Haushalt nicht zustimmen.
Ich habe gegen Ende meiner Rede anlässlich der Einbringung des Haushaltes gesagt, dass ein Haushalt dazu geeignet sein muss inhaltlich die Antworten auf die wichtigen Zukunftsfragen der StädteRegion Aachen zu geben. Nach Auffassung der SPD Fraktion muss er Meilensteine enthalten, die den Weg in eine soziale und smarte Region beschreiben.
Das wir es ernst damit gemeint haben, war an unserem Konzept zum Haushalt klar zu erkennen. Es war nicht nur das umfangreichste Haushaltskonzept, was hier in den beiden Lesungen des Städteregionsausschusses zur Debatte gestanden hat, sondern auch das progressivste und fortschrittlichste.
Zudem war es durchfinanziert und es wurde kein Euro eingeplant, den wir nicht hatten, aber auch kein Euro eingespart, der nicht wirklich existiert.
Im Gegensatz dazu stand das Konzept der Mehrheit von CDU und Grünen.
Es hatte einige wenige akzeptable Ansätze, wie die öffentlich geförderte Beschäftigung, die Kapitalaufstockung der GWG oder die Förderung der Industriemuseen, aber vor allem basierte es auf einem Taschenspielertrick und schlussendlich ist es an zwei Stellen zutiefst unsolidarisch.
Ihr Haushalt – meine Damen und Herren – ist deswegen unsolidarisch, weil sie eine völlig unrealistische Vorgabe der Landesregierung kritiklos aufgrund eines Dogmas aus dem drei Jahre alten Personalbewirtschaftungskonzept übernehmen, das Sie wie eine Monstranz vor sich hertragen. Und das obwohl das Konzept doch angeblich schon so viel Geld eingespart hat.
Man muss sich bei den Aussagen der CDU-Grünen-Mehrheit schon fast wie der Ketzer vor dem Scheiterhaufen vorkommen, wenn man in Frage stellt, ob das Personalbewirtschaftungskonzept drei Jahre nach seiner ursprünglichen Beschlussfassung noch die Realitäten der Jahre 2017 und 2018 widerspiegelt.
Dieser Haushalt steht unter finanzpolitisch sonnigsten Wetterbedingungen. Mit den Mehrzuwendungen aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz und den Minderaufwendungen an den Landschaftsverband können wir in der Tat eine außerordentlich niedrige Umlage realisieren. Es ist doch völlig unnötig nur aufgrund des politischen Effekts jetzt so zu tun, als könnten wir eine weitere Umlagereduzierung durch Einsparungen beim Personal realisieren,
Der Haushalt ist schon allemal kommunalfreundlich genug, aber so wie CDU und Grüne ihn jetzt gestalten wird er nicht kommunalfreundlicher, aber personalfeindlich.
Wenn wir die Deckelung der Personalkostensteigerung, wie vom Land vorgeschlagen, umsetzen – ja es handelt sich in der Tat nur um einen orientierenden Vorschlag und nicht um eine bindende Vorgabe – dann erhöhen wir unnötig die Belastung für die bestehenden Beschäftigten.
Denn was wird passieren?
In einem Jahr, wo eine Tarifrunde des öffentlichen Dienstes ansteht und alle volkswirtschaftlichen Experten zu einer ordentlichen Lohnsteigerung raten, wird man mit dem bestehenden Personalkörper eine Steigerung von 1% der Personalkosten nicht halten können. Das sehen unsere regionsangehörigen Kommunen im Übrigen auch so und planen selber mit 2 – 2,5% Steigerung.
Man kann das nur realisieren, indem man frei werdende Stellen in bislang ungekanntem Ausmaß nicht wiederbesetzt. Das wird zur Folge haben, dass Leistungsdruck und Arbeitsverdichtung für die verbleibenden Beschäftigten in enormem Maße zunehmen wird.
Ich als Gewerkschafter kann dem Personalrat an dieser Stelle nur dazu raten, dann mit erhöhtem Augenmaß bei der Genehmigung von Mehrarbeit vorzugehen.
Ich habe eben den Begriff „unsolidarisch“ verwendet. Denn unsere Beschäftigten müssen keine finanzpolitische Notwendigkeit gegenüber den regionsangehörigen Kommunen mittragen, was auch gar nicht nötig ist, sondern sie sie baden die politische Effekthascherei von CDU und Grünen aus, die sowieso niemand unter den Bürgerinnen und Bürgern nachvollziehen kann, geschweige denn verstehen wird.
Seitens der CDU kann oder wird man mir nunmehr vorhalten, dass ich am 11. Dezember 2014 in meiner Haushaltsrede folgendes gesagt habe:
„Wir müssen uns bei den – seitens der Landesregierung übermittelten Orientierungsdaten auf die Hälfte dessen beschränken, was vorgegeben ist. Diese globalen Minderausgaben dienen dazu, das zu erreichen, was ich zu […] „Haushaltssicherung“ […] gesagt habe.“
Ich stehe absolut zu dem, was ich damals gesagt habe, denn es war zum damaligen Zeitpunkt auch richtig. 2014 haben wir den ersten Haushalt nach Aufzehrung der Ausgleichsrücklage beschlossen. Die Kommunen ächzten unter der deutlich gestiegenen Umlage. Da wäre es solidarisch gewesen, wenn Kommunen und Personal in einem solidarischen Kraftakt gleichermaßen mit herangezogen worden wären.
Der heutige Haushalt steht, wie bereits mehrfach erwähnt, unter ganz anderen finanziellen Rahmenbedingungen.
Deswegen bleibe ich dabei, dass die Mehrheit von CDU/Grünen unsolidarisch mit den Beschäftigten dieses Hauses umgeht.
Im Gegenteil wir respektieren die qualitativ hochwertige Arbeit die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses geleistet wird. Die SPD dankt ihnen dafür und schätzt das auch wert.
Zur Wertschätzung der Mehrheit kann sich nunmehr jeder selber seine Meinung bilden.
Der zweite Grund weshalb der Haushalt von CDU und Grünen ein absolut unsolidarisches Zeichen beinhaltet, ist das Ansinnen in erhöhtem Maße RWE-Aktien zu verkaufen.
Meine Damen und Herren,
machen Sie sich mal bitte bewusst, dass wir nicht Bochum oder Essen sind. Wir sind Standortkommune von RWE, wo immer noch Wertschöpfung, Arbeit und Wohlstand durch Menschen in diesem Konzern generiert wird.
Und einzig und allein um die geht es uns. Um die Menschen.
Auch der SPD in der StädteRegion Aachen ist völlig klar, dass wir nicht in alle Ewigkeit in unserer Region aus Kohle Strom produzieren werden. Wir sind uns im vollen Maße der Tatsache bewusst, dass diese Art der Stromerzeugung zur Schädigung unseres Klimas beiträgt.
Deswegen ist es auch gut und richtig, dass 2030 der Tagebau Inden geschlossen wird und damit in Weisweiler kein klimaschädigender Verbrennungsprozess mehr zur Erzeugung von Strom stattfinden wird.
Aber das wird eben erst 2030 der Fall sein und nicht in den kommenden Jahren. Die Menschen im Revier brauchen Planungssicherheit und dürfen nicht zum Spielball der Politik werden.
Ihr Ansatz zum jetzigen Zeitpunkt RWE-Aktien zu verkaufen, zeugt von ideologischem Wunschdenken der Grünen, die berauscht von den Jamaika-Sondierungen schon daran geglaubt hatten, alle Kraftwerksblöcke des Rheinischen Reviers abschalten zu können.
Neben der Tatsache, dass es finanzpolitisch und vermögenstechnisch hochgradiger Unsinn ist, die Aktien zum jetzigen Zeitpunkt zu verkaufen, ist es auch ein Signal an die Kolleginnen und Kollegen bei RWE in Inden und Weisweiler, dass man sie und ihr Schicksal endgültig aufgegeben hat und zwar ohne ihnen eine sichere Perspektive für die Zeit nach der Kohle zu geben.
Diese Perspektive kann auch nicht dadurch gewährleistet werden, dass man 2 „Milliönchen“ in einen Strukturfonds einfließen lässt. Und schon gar nicht, wenn man diesen Finanzfluss über vier Jahre lang strecken will. Im Zweckverband Region Aachen und in der IRR diskutieren wir schon seit Jahren über ganz andere Finanzbedarfe in Größenordnungen, die sie noch nicht mal im einstelligen Prozentbereich mit ihren Forderungen erfüllen.
Aber man kann an der Gegeneinanderstellung der beiden von mir gerade diskutierten Vorschläge der CDU und Grünen Mehrheit gut erkennen, welcher unsolidarische Politdeal da in der schwarz-grünen Koalition gelaufen ist.
Die einen wollen in finanziell besten Zeiten die beinharten Sanierer geben und die anderen ihre ideologischen Visionen realisieren und schon wird ein Paket draus, was am Ende vielen tausend lohnabhängig beschäftigten Menschen in unserer Region ein schwerer Mühlstein um den Hals sein wird.
Meine Damen und Herren,
ich will mich nicht nur darin ergehen, was die Mehrheit alles falsch macht, obwohl ich da stundenlang drüber reden könnte. Anlass gibt es mehr als genug.
Ich will an dieser Stelle auch sagen, was von den Vorstellungen unserer progressiven Haushaltskonzepts hätte übernommen werden müssen, damit die SPD dem Haushalt ihre Zustimmung gegeben hätte.
Weil daran hat es ebenfalls gelegen, dass wir dem Haushalt nicht zustimmen. Wie arrogant kann man eigentlich sein, wenn man uns gegenübertritt und sagt, dass man diesem Haushalt so wie ihn CDU und Grüne vorlegen nicht nicht zustimmen kann?
Ich habe vorhin gesagt, dass es auch einen akzeptablen Aspekt in der Haushaltskonzeption von CDU und Grünen gibt. Das ist die Etablierung einer dauerhaften Finanzierung von öffentlich geförderter Beschäftigung aus Haushaltsmitteln der StädteRegion Aachen.
Ein Vorschlag der ursprünglich von der SPD stammt. Leider ist man an dieser Stelle nicht bereit zu einem weiten Sprung anzusetzen, sondern will lediglich einen ersten kleinen Schritt machen.
Wir haben immer noch ca. 10.000 langzeitarbeitslose Menschen in unserer Region. Wenn man sich zum Ziel setzt, möglichst viele von diesen Menschen in Beschäftigung zu bringen, dann sollte man auch bereit sein eine Summe in den Haushalt einzusetzen, die zumindest dafür ausreicht mindestens einem Prozent dieser Menschen zu helfen. Dazu wären unserer Auffassung nach rund 900.000 Euro nötig. Dieses Geld haben wir über Veränderungsvorschläge in diversen Eingabe und Ausgabepositionen des Haushalts refinanziert.
Wir sind an der Stelle auch nicht der Versuchung erlegen diese Summe dadurch aufzustocken, dass wir die unsolidarische Personalkostendeckelung der Mehrheit übernehmen.
Wir wollen das Thema „Langzeitarbeitslosigkeit“ strukturell angehen. Das beinhaltet, dass wir uns dazu verpflichten über viele Jahre hierfür Haushaltsmittel einzusetzen. Es darf nicht kurzfristig sein, was wir in diesem Bereich tun und schon gar nicht darf es symbolisch sein, so wie es CDU und Grüne tun wollen, indem sie einen viel zu geringen Betrag einsetzen.
Das nährt doch den Verdacht, dass man sich die Option offen hält, in zukünftigen Haushalten diese Position wieder zu streichen, indem man argumentiert, dass man ja kaum jemandem geholfen hätte. Das wäre dann alles andere als nachhaltig.
Für uns ist das integraler Bestandteil des Konzepts der sozialen Region. Aber nicht der einzige.
Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit ist ein elementarer Bestandteil von Armutsprävention. Es gibt viele weitere.
Diese hätten wir gerne in ein integriertes Handlungskonzept eingearbeitet, welches in der Verwaltung auf Basis der Sozialdatenerhebung geschaffen werden sollte. Wird es nun leider nicht, weil man diesen Vorschlag von uns nicht übernehmen wollte. Ich bin mal gespannt mit welchem Argument man das heute ablehnt.
Letztes Mal war es, dass die Datenerhebung noch nicht fertiggestellt sei. Das ist sie nunmehr. Aber die Kreativität der Mehrheit im Begründen von Nicht-Wollen scheint ja grenzenlos zu sein.
CDU und Grüne zeigen damit, dass sie ein virulentes Problem der Region nämlich die überproportionale Existenz von Armut nicht ernst nehmen.
Was offensichtlich auch nicht übernommen wurde, was aber inhaltlich umso bedauerlicher ist, weil wir da keinen inhaltlichen Dissens bislang erkennen konnten, sind unsere Ansätze zur Elektromobilität.
Elektromobilität – vielmehr die Förderung von alternativen Antriebstechnologien – ist DAS Zukunftsthema auf dem Weg in die smarte Region.
Die Story rund um Streetscooter und EGo ist eine Geschichte, die wir weiter schreiben müssen. Elektromobilität ist absolut relevant für die Mobilitätswende und damit für einen Beitrag zur Klimawende. Unser Ziel muss doch sein, dass die Menschen ihr Mobilitätsverhalten verändern.
Dazu zählt auch, dass der unabwendbar notwendige PKW-Individualverkehr in naher Zukunft nur noch mit elektronisch angetriebenen Fahrzeugen bewältigt wird.
Dazu fehlen aber noch viele Dinge in unserer Region. Anstatt sich jetzt auf den Weg zu machen und seitens der StädteRegion bspw. eine Konzeption für eine flächendeckende und leistungsfähige Ladeinfrastruktur im Rahmen einer Masterplanung Elektromobilität zu erstellen, wird dieses Thema nicht angegangen, weil es von der SPD kommt und die Grünen keine umweltpolitischen Anträge von uns übernehmen, weil man ja in ihren „ureigenen“ politischen Gefilden wildert.
Anstatt klar die Zeichen auf Wandel und Zukunft in konkreten Handlungsfeldern wie bspw. diesem zu setzen, schafft man symbolische Fonds und hat keine Vorstellung, wozu man das dortige Geld einsetzen will.
Dabei sei gesagt, dass wir nichts gegen einen solchen Fonds haben. Nur die Quelle aus der man ihn speist, soll nicht das Verschleudern von öffentlichem Vermögen sein, sondern die Dividendenerträge aus diesem Vermögen. Das wäre der richtige Weg. Das Geld für den Strukturwandel zu investieren, was wir zurzeit noch aus der Kohle gewinnen.
Damit dann die wertschöpfende Schaffung von gut tariflich entlohnten Industriearbeitsplätzen in unserer Region unterstützen, um Arbeit und Wohlstand zu erhalten und so letztendlich den Strukturwandel zu bekämpfen.
Wenn man das gemacht hätte, dann könnten wir einem Haushalt zustimmen.
Dazu wäre noch der Masterplan „Digitalisierung“ für die drei Handlungsfelder „GesundeRegion“, „Lebenslanges Lernen“ und „Verwaltung 4.0“ wichtig gewesen, damit die Menschen in unserer Region erkennen, dass die Digitalisierung nicht die Entfesselung alt-kapitalistischer Methoden im Kleid von Bits und Bytes a la FDP ist, sondern durchaus auch Chancen beinhaltet, die unser aller Leben ein bisschen besser, effizienter und sicherer macht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
zum Abschluss sei folgendes gesagt:
Die Mehrheit von CDU/Grünen hält ihren Haushalt für so unwiderstehlich gut, dass man – so wörtlich – „gar nicht anders könne, als diesem zustimmen“.
Eine an Überheblichkeit, Borniertheit und Arroganz kaum zu überbietende Aussage.
Dieser Haushalt ist unsolidarisch, unausgewogen, mit verfehlter grüner Ideologie durchsetzt und gibt auf die wichtigen Fragen und Herausforderungen in unserer Region keine konkreten Antworten, sondern verliert sich in Symbolpolitik und Taschenspielereien. Deswegen ist dieser Haushalt für uns nicht zustimmungsfähig.
Die wörtlich zitierte Aussage des Kollegen Wolf von der CDU-Fraktion fordert von uns schon fast eine Unterwerfung unter die Politik der Mehrheit.
Lassen Sie sich das gesagt sein.
Sie reden mit der Fraktion der SPD im Städteregionstag. Wir sind die Repräsentanten der Partei, die ihre Partei – die CDU – dieses Jahr bei den Wahlen in der StädteRegion mit 4:2 vom Platz geschickt hat.
Mit uns kann man sicher einen Haushalt aushandeln, so wie man das Strukturkonzept mit uns aushandeln konnte. Man kann uns aber keine fehlgeleitete und zu kurz gegriffene Politik oktroyieren.
Eine Zustimmung der SPD zu diesem Haushalt hätte, so wie wir es angeboten haben, einen transparenten und offenen Aushandlungsprozess auf Augenhöhe bedingt und die Übernahme der meinerseits skizzierten wesentlichen Inhalte.
Das ist seitens der Mehrheit nicht geschehen.
Sie verabschieden heute ihren vorletzten Haushalt der StädteRegion Aachen, zu dem die Zustimmung der SPD-Fraktion nicht gebraucht wird.
Wir wünschen Ihnen dabei viel Fortune und Einsicht für die Jahre nach 2020.
Wir lehnen diesen Haushalt ab und werden weiter mit unseren Mitteln für eine soziale und smarte Region arbeiten.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!