Thorsten Schäfer-Gümbel, der Vorsitzende des SPD-Bundeskulturforums, begrüsste die Teilnehmer des Treffens der regionalen Kulturforen in Kassel. (Bild: Siegmund Ehrmann)

Thorsten Schäfer-Gümbel, der Vorsitzende des SPD-Bundeskulturforums, begrüsste die Teilnehmer des Treffens der regionalen Kulturforen in Kassel. (Bild: Siegmund Ehrmann)

Auf Einladung des Kulturforums der Sozialdemokratie Kassel e. V. und des Bundes-Kulturforums der Sozialdemokratie sind drei Teilnehmer des „Kulturforums der Sozialdemokratie Regio Aachen“ vom 30. Juni bis zum 02. Juli voller Erwartung und Spannung nach Kassel zum Treffen der regionalen Kulturforen gefahren.

Kulturempfang in Kassel

Der vom SPD-Kulturforum Kassel liebevoll arrangierte Empfang in kultivierter Atmosphäre mit Blick auf das „Signet-Werk“ der diesjährigen Documenta, Marta Minujíns „Parthenon der Bücher“, war für den Freitagabend angesagt. Thorsten Schäfer-Gümbel, der Vorsitzende des SPD-Bundeskulturforums, hob denn auch in seiner Begrüssungsansprache den „sehr politischen documenta-Jahrgang vierzehn“ hervor, des im fünfjährigen Turnus stattfindenden internationalen Kunstereignisses.

Besuch des Fridericianum

Am nächsten Morgen waren alle Teilnehmer des Treffen aufgerufen, sich selber einen Blick von dem Kunstereignis zu machen. Aufgeteilt in kleine Gruppen, welche von KunsthistorikerInnen geführt wurden, hatte unsere Gruppe den ‚Vorzug’ gehabt, mit dem Fridericianum zu beginnen. Durch die Kooperation mit Athen, ist die Sammlung des griechischen Nationalmuseums für die Dauer der documenta in das Fridericianum aufgenommen worden. Hier und nur hier findet sich die eine oder andere wertvolle Arbeit, welche zu Auseinandersetzung mit rein künstlerischen Inhalten einzuladen imstande ist.

Besuch der documenta-Halle

Danach Besuch der documenta-Halle: bei jedem Meter Weg durch die Ausstellung, geht ein Stück mehr an Interesse verloren und die Enttäuschung gewinnt hinzu. Leider ist den Feuilletons Recht zu geben, welche befanden: „Diese documenta ist krachend gescheitert“, wie Hanno Rautenberg es in der ZEIT formuliert hat. Denn viel ist hier in unseren Augen gebastelt, gepinselt, arrangiert oder sonst irgendwie oberflächlich ins Werk gesetzt worden, ohne dass man sich jenem Begriff im Wesentlichen annähern konnte, um den es hier doch eigentlich geht, dem der Kunst nämlich. Derartige Oberflächlichkeiten finden sich beispielsweise in dem Cembalo- und Klaviersaiten bespannten, zerbrochenen Flüchtlingsboot in der documenta-Halle von Guillermo Gallindo mit dem Titel „Fluchtzieleuropahavarieschallkörper“, das selbst, wenn es als Provokation verstanden sein will, auf ärgerliche Weise vordergründig in seiner Aussage bleibt.

Austausch der regionalen SPD-Kulturforen

Beim anschliessenden internen Austausch der regionalen SPD-Kulturforen im Kasseler Stadtmuseum fragte Thorsten Schäfer-Gümbel, ebenso stellvertretender Vorsitzenden des SPD-Bundesvorstandes, gleich zu Beginn gezielt, was die Kultur von heute aus wirtschaftlicher Perspektive darstelle? Er benannte Eckpunkte, welche der Deutsche Kulturrat (DKR) vorgestellt hat. „Fairer Handel statt freier Handel“ ist einer dieser Eckpunkte, welcher sich auf das Ceta-Abkommen bezieht oder die Favorisierung eines Bundeskultur-Ministeriums statt der jetzigen Lösung mit einem Staatsministerium für Kultur und Medien sowie last but not least eine stärkere Unterstützung des Bundes für die Kommunen hinsichtlich der  Modernisierung baulicher Strukturen.

Thorsten Schäfer-Gümbel hob hervor, dass es wichtig sei, die Zusammenarbeit der regionalen SPD-Foren mit dem SPD-Bundeskulturforum noch stärker zu verzahnen. Auch könne es möglich sein, einzelne Themenstellung innerhalb eines regionalen Kulturforums zu diskutieren und einzubringen. Abschließend hob der Vorsitzende des SPD-Bundeskulturforums hervor, dass die Nachwuchsförderung als neuer wichtiger Punkt entstanden sei, um jüngere Leute für Themen innerhalb der Arbeit eines regionalen Kulturforums noch stärker zu erreichen.

Siegmund Ehrmann: Provenienz von Kunstwerken

Der scheidende Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Vorstand des Bundeskulturforums Siegmund Ehrmann, bis zuletzt Vorsitzender des Bundesausschusses für Kultur und Medien, ging in seiner Rede auf die Provenienz von Kunstwerken ein, was deren Regulierung  wie im Falle vom sogenannten Gurlitt-Erbe betreffe: „Das geht über alle staatlichen Themen hinaus“. Als weiteres Stichwort benannte Siegmund Ehrmann die Arbeit der ‚Limbach-Kommission’, deren Wirken als Beratungsgremium damit verbunden sei, nachzugehen wie viel an kulturellem Erbe verloren oder sogar zerstört worden sei. Schließlich fragte er, wie die Praxis aussehe, auch auf Länderebene zu diskutieren, wie Gedenken und Erinnern gehandhabt werden könne und nicht nur auf der Berliner Ebene in Form eines „Freiheits- und Einheitsdenkmals“. Die „Pina Pausch-Foundation“ oder die Kulturarbeit in der „Abtei Brauweiler“ in Pulheim bei Köln seien dafür ein Beispiel, so Siegmund „Siggi“ Ehrmann abschließend.

Babette Winter: Ausbau des Immateriellen Kulturerbes

Die Sicht aus der Länderebene selber eröffnete dann Babette Winter, die stellvertretende Vorsitzende des Bundeskulturforums und Staatssekretärin im Thüringer Ministerium für Kultur-, Bundes und Europaangelegenheiten. Stichworte ihrer Darlegungen aus der Sicht der Kultusministerkonferenz (KMK) waren der Erhalt des schriftlichen Kulturgutes, welches in die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB), dem zentralen Portal für Kultur und Wissen, einfließen müsse. „Das muss eine Daueraufgabe werden!“, hob Babette Winter hervor. Zwei weitere Aspekte, mit denen sich die  KMK befasse, seien der Ausbau des „Immateriellen Kulturerbe der Deutschen UNESCO-Kommission“, welche u. a. Traditionen und lebendige Ausdrucksformen zu konservieren bemüht ist. „Was wird von den Museen erwartet?“, fragte die Staatssekretärin abschließend in ihrem letzten Aspekt und gab als Antwort: „Auch auf Bundesebene müssen wir diskutieren, Museen als Begegnungszentren auszubauen.“

Jahrestreffen 2018 in Dessau

In der nachfolgenden Aussprache und Wortmeldungen der einzelnen regionalen SPD-Kulturforen, meldete Dr. Rüdiger Fikentscher aus Halle in Sachsen-Anhalt an, das nächste Treffen der regionalen SPD-Kulturforen 2018 in Dessau auszurichten wollen: Heimat des Bauhauses, der Werkstatt der Moderne, welches im Jahre 1925 unter der Leitung von Walter Gropius von Weimar nach Dessau zog. Zahlreiche Bauhausstätten in Weimar und Dessau gehören mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dafür sprach sich die Mehrheit der anwesenden Mitglieder aus, obwohl von Seiten des Kieler Kulturforums der Matrosenaufstand im November 1918 in Kiel als Beweggrund favorisierte wurde, um Kiel und seine historische Rolle für die Entstehung der Weimarer Republik den Zuschlag für 2018 zu geben. Thorsten Schäfer-Gümbel fand den Kompromiss, indem Kiel die Möglichkeit eingeräumt werde, dort eine Klausurtagung für die Regionalen SPD-Kulturforen zu initiieren. Für 2019 könnte andererseits „Europa“ oder die „Euregio“ ein Thema für das Treffen der Regionalen SPD-Kulturforen sein, „wäre mal etwas neues“, wie von Seiten der Geschäftsführung des SPD-Bundes-Kulturforums zu hören war.

Staatsministerium für Kultur statt Bundeskultur-Ministerium

Norbert Walter Peters meldete sich als Sprecher des „SPD-Kulturforums Regio Aachen“ zu Wort, um noch einmal das Thema „Bundeskultur-Ministerium“ zur Sprache zu bringen. Eng damit verbunden sei unter anderem die Regulierung des Musikschulwesens hinsichtlich einer gesetzgeberischen einheitlichen Regelung, hob Peters hervor. Letztendlich wird die Idee eines „Bundeskultur-Ministerium“ eine Offerte des Deutschen Kulturrates (DKR) bleiben, denn nach wie vor gibt das Gros der SPD-Bundeskulturpolitiker weiterhin der Regelung über ein Staatsministerium für Kultur und Medien den Vorzug. Der Sprecher des SPD-Kulturforums Regio Aachen nahm des weiteren Bezug auf die Wortmeldung von Andreas Bialas, kulturpolitischer Sprecher der SPD-NRW-Fraktion in Düsseldorf. „Ich begrüsse das Mea Culpa von Andreas“, so Norbert Walter Peters, als Andreas angemerkt hatte: „Wir haben gute Gedanken gehabt, waren aber verzagt in der Umsetzung.“

Podiumsveranstaltung: „Kulturelle Stadtentwicklung“

Ein Highlight war die nachfolgende öffentliche Podiumsveranstaltung zum Thema „Kulturelle Stadtentwicklung“ ebenfalls im Stadtmuseum. Auf dem Podium sassen: die documenta-Geschäftsführerin Annette Kulenkampff, die Kulturdezernentin von Frankfurt am Main Dr. Ina Hartwig, als Moderator und für den Vorstand des SPD-Bundeskulturforums MdB Siegmund Ehrmann sowie die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Barbara Ettinger-Brinkmann. „Brillante Frauen auf dem Podium, die Ihre Gedanken entwickelten. Faszinierend; ich habe schon viele Podien erlebt. Dieses hob sich, da waren sich alle Anwesenden einig, hervor.“, so Siegmund Ehrmann in seinem Fazit über die Talk-Runde.

Ausklang

Neben dem architektonischen Spaziergang durch die documenta-Stadt mit Prof. Dr. Christian Kopetzki am nachfolgen Vormittag, bot der gemeinsame Ausklang am Samstagabend eine willkommene Gelegenheit, sich ausführlich und ausgiebig mit Vorstands- und Forums-Mitgliedern kulturpolitisch auszutauschen.