Fachtagung der SPD-Fraktion im Städteregionstag Aachen am 27.02.2016 zum Thema Strukturwandel in der Region

Trotz früher Uhrzeit am Samstagvormittag haben sich rund 40 Teilnehmer – unter anderem auch Gewerkschaftsvertreter – im Haus der Städteregion eingefunden, um über den Strukturwandel in der Region zu diskutieren. Eingeladen hatte die SPD-Fraktion im Städteregionstag Aachen zusammen mit der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) mit der Zielsetzung, das Thema des Strukturwandels in der Region vor dem Hintergrund der auslaufenden Braunkohleförderung auf einer breiten Basis zu besprechen. Es gehe darum, Strukturbrüche zu verhindern, indem man sich rechtzeitig für die Zukunft aufstellt.

Eröffnet und moderiert wurde der diskussionsreiche Vormittag von Stefan Kämmerling MdL, der zu Beginn der Veranstaltung auf die Bedeutung der Region und ihrer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern in der Braunkohleindustrie hinwies. Danach ergriff Martin Peters das Wort, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Städteregionstag Aachen, um mit seinem Vortrag in das Thema einzuführen. „Der Begriff „Strukturwandel“ ruft bei mir, wir auch bei vielen anderen, ein unbehagliches Gefühl hervor. Denn es führt uns vor Augen, dass wir in den kommenden Jahrzehnten tausende Arbeitsplätze umwandeln und um einen ganzen Industriezweig in unserer Region kämpfen müssen.“ Dennoch blickt Peters positiv in die Zukunft „Der einzig positive Punkt des „Eckpunktepapiers Strommarkt“ aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist, dass die Region mit ihrer Problemstellung in den Fokus der überregionalen Handlungsträger gerückt ist. Das begrüßen wir in unserer Region, denn nur wenn wir heute schon anfangen uns Lösungen für die Probleme von morgen einfallen zu lassen werden wir gut aufgestellt sein wenn der Tag X gekommen ist und keine Braunkohle mehr gefördert und verstromt werden kann.“ Peters benennt unter anderem die Bereiche der Elektromobilität und Logistik als diejenigen, in die zukünftig an Standorten in der Städteregion Aachen investiert werden muss. Darüber hinaus wird auf die Unterstützung von RWE gesetzt. „Umsetzbar werden diese Vorhaben aber nur, wenn wir gemeinsam kommunale Verbünde schaffen, um Arbeitsplätze in die Region zu holen und attraktive Angebote für potentielle Investoren schaffen“, führte Peters aus.

Damit war auch das Stichwort für die beiden nachfolgenden Redner gefallen. Dr.-Ing. Bernd Wuschansky aus Arnsberg ist Experte im Bereich der kommunalen Gewerbegebietsentwicklung und wurde in dieser Funktion eingeladen, um aus der Praxis zu berichten. Der ehemalige Vorstand der Wirtschaftsförderungsgesellschaft in Moers, Hans-Peter Kaiser, stelle darüber hinaus das von ihm betreute Projekt „wir4“ zwischen den Städten Kamp-Lintfort, Moers, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg vor, aus dem ein interkommunaler Gewerbepark entstanden ist, in dem sich u.a. das Internetversandhaus Amazon angesiedelt hat. Beide Referenten zeigten in ihren jeweiligen Vorträgen auf, wo sich die Stellschrauben der Politik befinden und räumten zudem mit einem Irrglauben der Kommunen gegenüber dieser Thematik auf: „Die Bedeutung der Gewerbesteuer wird meist überbewertet. Der Aufwand, um eine für Investoren attraktive Fläche frei zu geben, kann nicht gegen die Steuereinnahmen der Kommunen gerechnet werden“, so Hans-Peter Kaiser. „Es sind vielmehr die Arbeitsplätze und Sekundareffekte, die eine solche Gewerbefläche für die Region erzielt und wichtig für die Kommunen sind“. Beide Praktiker zeigten zudem ganzheitliche Perspektiven der Umsetzung interkommunaler Gewergebiete auf, die gegen das Klein-Klein in den meisten Kommunen stehen. Letztendlich gesteht Hans-Peter Kaiser auch ein, dass viele angedachte kommunale Gewerbevermarktungsverbünde nicht umgesetzt wurden, weil sie vorher schon scheiterten. Daher sei es wichtig, gemeinsame Prioritäten festzulegen und nicht auf die Steuereinnahmen zu setzen.

Anschließend wurden die Gäste teil eines kurzen Workshops, geleitet von Thomas Hartmann, Mitglied des Städteregionstages in Aachen sowie Vorsitzender der SPD-Fraktion im Zweckverband Region Aachen. Der Workshop diente dazu, die einzelnen Institutionen, wie den Zweckverband, die Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR), IHK oder die StädteRegion, die an der Strukturentwicklung in der Region beteiligt sind, in ihr Funktionsfeld einzuordnen. Eine Aufgabe, die sich einfach anhört, aber sich schwerer als gedacht herausstellt. „In vielen Bereichen gibt es Überschneidungen auch wenn die Zielsetzung der jeweiligen Institution eine andere ist. Da fällt es auch schon mal den erfahren Kommunalpolitikern schwer, das genaue Handlungsfeld einzukreisen“, so Hartmann. Letztendlich erzielte der Workshop die erhoffte Wirkung, und brachte ein gemeinsam erarbeitetes Verständnis im Wege des Schaubilds hervor.

Den vorangeschrittenen Vormittag durfte Boris Linden, Prokurist der IRR schließen. Er berichtete insbesondere von der Projektarbeit der IRR, die derzeit im Fokus steht. „Die zahlreichen Projektvorschläge veranschaulichen das Potential dieser Region, dass es in den kommenden Jahren unbedingt zu nutzen gilt. Wir wollen den Wandel schon heute sichtbar machen und für morgen vorausschauend gestalten“, so Linden. Derzeit werden ca. 10 Projekte aus unterschiedlichen Bereichen gefördert und weitere 13 stehen zur Auswahl für die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung.

Mit der Ankündigung, dass die Sozialdemokraten am Ball bleiben, um die Aachener Region zukunftsfest aufzustellen und deshalb im nächsten Jahr, um die gleiche Zeit, eine FollowUp – Veranstaltung zum Thema Strukturwandel veranstalten werden, verabschiedete Martin Peters die Gäste.