Delegierte stärken Vorstand des Unterbezirks in Städteregion den Rücken. Kampf um eine wieder höhere Anerkennung beim Bürger.

Es war wohl auf die nachhaltige Wirkung der beeindruckenden Rede des EU-Parlamentspräsidenten zurückzuführen, dass Gerd Neitzke dieser Fauxpas unterlief: „Martin Schulz ist neuer Vorsitzender des Unterbezirks in der Städteregion“, verkündete der Herzogenrather SPD-Fraktionsvorsitzende als Mitglied der Wahlkommission. Damit sorgte er für schallendes Gelächter, das allerdings nach der raschen Korrektur in tosenden Applaus für den tatsächlich Gewählten überging: Martin Peters steht für zwei weitere Jahre an der Spitze der Sozialdemokraten im Altkreis Aachen, und sein Wahlergebnis war nicht nur in Relation zu den derzeit eher bescheidenen Umfragewerten für die SPD ein herausragendes: Die Delegierten des Parteitages im Euregio-Kolleg in Würselen bestätigten den Stolberger mit knapp 93 Prozent aller Stimmen. Nicht minder gut schnitten seine drei Stellvertreter ab: Auch Eva-Maria Voigt-Küppers, Stefan Kämmerling und Detlef Loosz gehen in eine weitere Amtszeit.

Und die dürfte, obwohl der nächste Urnengang in der Städteregion erst 2020 stattfinden wird, vor allem im Zeichen von Wahlen stehen. Die Entscheidungen im Land und auf Bundesebene werfen ihre Schatten voraus in einer Zeit, in der die SPD um eine wieder höhere Anerkennung ihrer Arbeit kämpft. Das wurde auch in Würselen sehr deutlich. So stellte Martin Schulz die „Frage nach der grundsätzlichen Orientierung“ und forderte die Genossen auf, sich auf ihre Kernkompetenz zu besinnen: „Die Möglichkeit, ein Leben in Würde führen zu können, ist das, was die Menschen von uns erwarten“, rief er den Delegierten zu und fügte hinzu: „Das kann kein anderer in dieser Gesellschaft gewährleisten.“ Auch der Regionalvorsitzende Sebastian Hartmann zeigte sich entschlossen: „Wir müssen ein Bündnis mit denjenigen schließen, denen man einredet, dass sie in unserem Land keine Chance mehr haben.“

Es passte ins Bild, dass Martin Peters seinen Rechenschaftsbericht mit dem Titel „Sicherheit und Perspektiven für die Menschen in unserer Region“ versehen hatte. Auch er mahnte, dass die SPD wieder stärker als verlässlicher Partner wahrgenommen werden müsse. „Die Menschen möchten in ihrer jeweiligen Lebenssituation sicher aufgehoben sein und eine Perspektive für sich und ihre Kinder haben. Dafür stehen wir.“

Der alte und neue Vorsitzende skizzierte zudem, welche lokalen Schwerpunkte die SPD in den kommenden Jahren setzen möchte. Dazu zählen die Themen Mieten und Wohnen, die Fortsetzung der gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt initiierten Armutskampagne, die Umsetzung des Integrationsplanes, die Förderung von Mobilität und die Durchsetzung eines „Grundrechtes“ auf freien Internetzugang.

Mit Blick auf die Haushaltsberatungen in der Städteregion für das Jahr 2017 und das Strukturkonzept kündigte Martin Peters an, dass sich die SPD auch weiterhin an den interfraktionellen Gesprächen mit CDU, Grünen und FDP beteiligen werde. „Ein Ausgleich des jetzt festgestellten Defizits von 12,8 Millionen Euro durch eine Sonderumlage der Kommunen wird es aber mit der SPD-Fraktion nicht geben“, betonte Peters. Ebenso wenig wie eine Aufgabe des Betriebsstandortes Bardenberg des Medizinischen Zentrums.

Während es im neuen Vorstand des Unterbezirks fast ausschließlich bekannte Gesichter gibt, hat sich auf der kommunalen Ebene einiges geändert: „In sechs Stadtverbänden gab es in den vergangenen zwei Jahren einen Führungswechsel“, resümierte Martin Peters. Die SPD sei personell hervorragend aufgestellt. Nur in einem Punkt gebe es weiterhin Handlungsbedarf: „Die Repräsentanz von Frauen in unseren Gremien und Führungspositionen ist immer noch mangelhaft.“ So habe beispielsweise nur eine von zehn Fraktionen eine Frau an der Spitze, und von 26 Ortsverbandsvorsitzenden seien gerade einmal vier weiblich. Die Trendwende aber sei im vergangenen Jahr eingeleitet worden, ist Peters sicher: „Es war richtig, einen Frauenförderplan zu verabschieden. Die damit verbundenen Maßnahmen werden wir weiter umsetzen.“

Fast unverändert in die nächsten zwei Jahre

Der Vorstand des SPD-Unterbezirkes in der Städteregion geht fast unverändert in die nächste, zweijährige Amtszeit. Einen Wechsel gab es lediglich auf der Position des Schriftführers, wo Janine Köster auf Oliver Liebchen folgt. Liebchen hat vor vier Wochen den Vorsitz des SPD-Stadtverbandes in Eschweiler übernommen.

Mit deutlichen Mehrheiten in ihren Ämtern bestätigt wurden Martin Peters (Vorsitzender), Eva-Maria Voigt-Küppers, Stefan Kämmerling und Detlef Loosz (stellvertretende Vorsitzende), Gerd Neitzke (Kassierer), Hannelore Eiche und Friedhelm Krämer (stellvertretende Kassierer), Herbert Hansen (Bildungsbeauftragter) und Sandra Niedermaier (Pressereferentin).

Der Unterbezirksvorstand hat 15 Beisitzer: Georg Alt, Gabi Bockmühl, Markus Conrads, Angelika Fiedler-Grohe, Helene Göbbels, Stephanie Goergens, Stephan Kaever, Aynur Karakaruk, Christiane Karl, Tatjana Lirschvink, Arndt Kohn, Ludger Leister, Monika Medic, Alina Meuser und Claudia Moll.

(Quelle: Stolberger Nachrichten / Stolberger Zeitung vom 20.06.2016; Bericht von Michael Grobusch)

Rede von Martin Peters:

Im Rahmen unseres Parteitages möchte ich die Gelegenheit nutzen, um einen kurzen Blick zurück auf das vergangen politische Halbjahr in der StädteRegion Aachen zu werfen.

Zu Beginn dieses Jahres haben wir uns besonders für Jugendpartizipation stark gemacht. Vertreter aus der Bezirksschülervertretung sitzen als beratende Mitglieder in den Fachausschüssen, sie können sich in die Aussprache einbringen und die Sichtweise junger Menschen darstellen. Zudem haben wir ein Projekt angeregt, an deren Umsetzung gerade gearbeitet wird: Jugendliche begleiten Kommunalpolitiker bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit in und außerhalb der politischen Gremien.

Gerade in unserer Region müssen wir immer wieder und verstärkt die Entwicklung der Wohnquartiere im Auge behalten. Wir sind auf dem Antragswege aktiv geworden zur präventiven und nachhaltigen Entwicklung und Armutsbekämpfung in den Quartieren. Um die Ghettobildung in den Städten zu vermeiden, haben wir die Evaluierung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels beantragt. Damit wollen wir da ansetzen, wo Unterstützung tatsächlich notwendig ist.

Erfolg hatten wir mit unserer beharrlichen Haltung beim Thema Freifunk. In städteregionalen Gebäuden soll der kostenfreie Netzzugang bald möglich sein. Damit leistet die StädteRegion Aachen dank der Initiative der SPD einen Beitrag zum „Grundrecht“ der Menschen auf freien Zugang zum Internet. Dies ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung unserer Gesellschaft ein wichtiger Beitrag.

Hartnäckig haben wir auch dafür gefochten, dass arbeitsmarktferne Jugendliche mit intensivem Betreuungsbedarf weiterhin aufgefangen werden. Das geschieht nun nach dem Programm „Casemanagement“ durch das Projekt „RESPEKT“. Wir haben dafür Sorge getragen, dass kein Mensch in der Arbeitsmarktpolitik zurückgelassen wird.

Darüber hinaus werden wir daran festhalten, die gemeinnützige Schuldnerberatung so zu festigen und abzusichern, dass sie erhalten bleibt und zudem auch präventiv wirken kann.

Unsere Fraktion verfolgt weiterhin ihren Antrag auf Einrichtung eines Radschnellweges zwischen Aachen und Heerlen, weil wir wissen, dass in der Verkehrspolitik neue Wege hin zu einer „sauberen“ Mobilität gegangen werden müssen. In einem transparenten Bürgerbeteiligungsverfahren wurden Trassenvorschläge entwickelt, die auf ihre ökologische Vertretbarkeit geprüft werden müssen.

Nach „Freifunk“ haben wir im April dieses Jahres mit der Forderung auf Umsetzung von Open Data in der StädteRegion Aachen ein weiteres Zukunftsthema unseres Zeitalters besetzt. Wir sind in der StädteRegion Vorreiter der digitalen Entwicklung.

Unsere Fraktion unterstützt nachdrücklich die Klage auf Stilllegung des Atomkraftwerkes Tihange 2 vor dem belgischen Staatsrat. Darüber hinaus werden wir auch sicherstellen, dass die StädteRegion Aachen nicht nur den juristischen Weg beschreitet, sondern als Trägerin des Katastrophenschutzes auch sicherstellt, dass im Falle des Super – GAUs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden können.

Darum haben wir den Punkt „Vorgehen der StädteRegion Aachen bei einem nuklearen Großschadensereignis“ auf die Tagesordnung des Ausschusses für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz setzen lassen. Dessen nächste Sitzung findet im September statt. Der Städteregionsrat soll dem Ausschuss die konkrete Ablaufplanung für den Fall eines nuklearen Großschadensereignisses in Tihange und/oder Doel darstellen.

Beim Masterplan II für das Medizinische Zentrum (MZ) der StädteRegion haben wir an unserem Wollen festgehalten, dass der Krankenhausstandort Bardenberg erhalten bleiben soll. Wir stehen hier an der Seite des SPD-Ortsvereins Bardenberg, Stadtratsfraktion Würselen und der Menschen in der Düvelstadt.

Städteregionsrat Etschenberg versucht nun, mit dem Mitgesellschafter Knappschaft-Bahn-See ins Reine zu kommen, über dessen Kopf hinweg er die Entscheidung des Städteregionstages hat treffen lassen, alle Klinikbereiche in Bardenberg aufzugeben. Dies geschah gegen die Stimmen der SPD-Fraktion.

Auf einem guten Weg sind wir mit unserem Ansinnen auf Verbesserung der Ausbildungsbedingungen im Altenpflegebereich. Aufgrund des Strukturkonzeptes und aufgrund unserer Initiativen wird daran gearbeitet, eine  gemeinsame Schule für Alten-, Kranken- und Kinderpflege zu errichten. Diese soll – auf unser Drängen hin – im Würselener Stadtteil Bardenberg entstehen.

In Würselen-Mitte muss eine neue Rettungswache gebaut werden. Den Grundsatzbeschluss hierzu haben wir aufgeschoben, da uns der Aspekt der Sparsamkeit möglicherweise zu kurz gekommen ist. Die Planung muss auf Notwendigkeit überprüft werden. Bei allem Verständnis für gute Arbeitsbedingungen im  Rettungsdienst müssen wir die Finanzen im Auge behalten.

Wir Sozialdemokraten halten daran fest, dass das Aachen-Gesetz, mit dem die StädteRegion Aachen gebildet wurde, einer Weiterentwicklung bedarf. Der Städteregionstag soll weitere Rechte erhalten, damit er den Aufgaben eines Kommunalverbandes unserer Größenordnung gerecht werden kann.

Darüber hinaus wollen wir erreichen, dass die StädteRegion Aachen weitere Aufgaben übernehmen kann, wie bspw. die regionale Flächennutzungsplanung. Eine entsprechende Initiative, mit der wir an den Gesetzgeber herantreten wollen, bereiten wir vor. Hierzu sind wir ebenfalls im intensiven Austausch mit den Fachpolitikern der SPD-Landtagsfraktion.

Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen allen Beteiligten für die Untersetzung in den letzten Monaten zu danken! Unter diesen Umständen kann ich nur positiv und voller Motivation in die Zukunft und insbesondere auf die bevorstehende Haushaltsdebatte 2017 blicken.

Glück auf!

Martin Peters